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UNESCO betrachtet die Verbesserung des Humankapitalsqualität als den Hauptfaktor der nachhaltigen Entwicklung

ЮНЕСКО
© Форпост Северо-Запад / Евгения Абукина

Wie wird die globale Energie von morgen aussehen? Welche Veränderungen sind für den Bergbau und den Öl- und Gaskomplex erforderlich, um den Druck auf die Ökosysteme zu minimieren? Ist es möglich, die von den Vereinten Nationen proklamierten Ziele der nachhaltigen Entwicklung zu erreichen und gleichzeitig die Menschheit mit Bodenschätzen zu versorgen? Teilnehmer des großen internationalen Online-Forums "Fortgeschrittene Ingenieurkompetenzen − die Zukunft der Bergbauindustrie" versuchten, diese und andere Fragen zu beantworten. Unter den Teilnehmern des Forums waren Vertreter der UNESCO und des Energieministeriums der Russischen Föderation sowie Beauftragte von Hochschulen, großen Unternehmen und Fachgemeinschaften.

Wladimir Litwinenko, Rektor der Staatlichen Bergbau-Universität Sankt Petersburg, eröffnete die Konferenz und erinnerte daran, dass jedes Programm für nachhaltige Entwicklung, egal wer es erstellt, den Rohstoffsektor als Grundlage des Fortschritts bezeichnet. Bodenschätze sind das erste Glied in einer technologischen Kette: ohne Gewinnung der Bodenschätze würde die Menschheit in die Steinzeit zurückkehren und die Volkswirtschaften könnten nicht mehr funktionieren. Dies bedeutet, dass eines der dringendsten Probleme der Branche heute die Einführung fortschrittlicher Technologien ist, die das Risiko negativer Auswirkungen auf die Umwelt verringern und gleichzeitig die Rentabilität der Produktion aufrechterhalten können.

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© Форпост Северо-Запад

"Heute wird viel Geld in die Entwicklung erneuerbarer Energiequellen investiert. Dies ist der absolut richtige Weg, den postindustrielle Länder einschlagen sollten. Gleichzeitig muss daran erinnert werden, dass rund eine Milliarde Menschen auf dem Planeten überhaupt keinen Zugang zu Elektrizität haben und die Effizienz des Energieverbrauchs in vielen Ländern mit Übergangsvolkswirtschaft zu wünschen übrig lässt. Würden diese Länder derzeit gezwungen, eine Energiewende umzusetzen, würden sie einfach bankrottgehen. Dies bedeutet, dass Kohlenwasserstoffe auch in den kommenden Jahrzehnten eine grundlegende Rolle im globalen Kraftstoff- und Energiekomplex spielen werden. Und wir müssen uns nicht nur darum bemühen, den Anteil an Windgeneratoren und Solarmodulen im Brennstoff- und Energiekomplex zu erhöhen, sondern auch darüber nachdenken, wie man zur Nachhaltigkeit des Öl- und Gassektors beitragen kann", gab Wladimir Litwinenko den Ton für die Diskussion an.

Sederik Kremers, Shell-Vorsitzender in Russland, stimmte ihm zu. Er betonte, dass die Mission seines Unternehmens bestehe darin, immer mehr sauberen Strom zu erzeugen. Zum Beispiel aus erneuerbaren Quellen. Gleichzeitig erinnerte Herr Kremers daran, dass man den wachsenden Energiebedarf ohne traditionelle Ressourcen noch lange nicht decken könne.

Кремерс
© Форпост Северо-Запад / Александр Игнатович

"Fossile Brennstoffe, vor allem Erdgas, das sauberster Kohlenwasserstoff ist, werden auch in den kommenden Jahrzehnten eine wichtige Rolle spielen. Um auf neue Herausforderungen reagieren zu können, müssen wir alle verfügbaren Möglichkeiten nutzen − sowohl bestehende als auch zukünftige. Aber man soll diese Möglichkeiten zuerst schaffen. Dafür ist die Zusammenarbeit der Wissenschaftler und Technologienentwickler von besonderer Bedeutung. Es sind aber Ingenieure, die diese Möglichkeiten realisieren werden. So tragen sie zur innovativen nachhaltigen Entwicklung bei, bringen fortschrittliche Ideen hervor, erzielen technologische Durchbrüche − sorgen dafür, was die Welt heute braucht. Aber Ideen allein reichen nicht aus, sie müssen effektiv verwirklicht werden. Das können nur hochqualifizierte Spezialisten machen", − mit diesen Worten betonte Shell-Vorsitzender das Forumsthema.

Wladimir Litwinenko bezeichnete die heute in den meisten Ländern der Welt beobachtete Verringerung des Fachkräftemangels als notwendige Voraussetzung für die Wiederherstellung des öffentlichen Vertrauens in den Mineralressourcenkomplex. Als eines der wenigen positiven Beispiele führte er Kanada an, wo jedem Kind im Kindergarten erklärt wird, wie der Bergbau sowie der Öl- und Gassektor zur Verbesserung der Lebensqualität der Bürger beiträgt. Aber in anderen Teilen der Welt sieht alles anders aus.

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"Es besteht ein Mangel am öffentlichen Vertrauen in die Aktivitäten jedes Bergbauunternehmens. Neue Projekte lösen bei der lokalen Bevölkerung eine negative Reaktion von vornherein aus. Wir müssen das Vertrauen in die Arbeit spezialisierter Unternehmen wiederherstellen, denn ohne Vertrauen ist es unmöglich, Mechanismen der sozioökonomischen Entwicklung effektiv zu schaffen. Aber wie macht man das? Die Antwort liegt auf der Hand: Erhöhung der Kompetenz von Fachleuten, um unter anderem die mit Arbeitssicherheit und Umweltschaden verbundenen Risiken zu minimieren", sagte Rektor der Staatlichen Bergbau-Universität Sankt Petersburg.

Rolando Zanotelli, Geschäftsführer der schweizer Bank Vontobel, sprach auch über die Bedeutung einer vertrauensvollen Atmosphäre. Er verglich die Bergbauindustrie mit dem Bankensektor und stellte fest, dass die Verbesserung der Qualität von Kenntnissen und Kompetenzen eines Spezialisten ein lebenslang dauernder Prozess sei.

Занотелли
© Форпост Северо-Запад

"Die Schweiz ist ein kleines Land, aber wir haben ein Bankensystem geschaffen, dem Menschen auf der ganzen Welt wirklich vertrauen. Darüber hinaus wächst dieses Vertrauen im Laufe der Jahre immer an. Es war sehr schwierig, dies zu erreichen, da ein negatives Ereignis, ein Fehler alles hätte zerstören können. Um das zu vermeiden, ist es sehr wichtig, das Personal großzuziehen und auszubilden, sein berufliches und kulturelles Niveau zu verbessern. Sowohl diejenigen, die im Bankensektor arbeiten, als auch diejenigen, die in den Rohstoffunternehmen arbeiten, benötigen sehr tiefe Kenntnisse, die weit über dem Durchschnitt liegen", sagte Zanotelli.

Shamila Nair-Bedouelle, Stellvertretende Generaldirektorin der UNESCO, betonte, dass "Rohstoffe für die Weltwirtschaft notwendig sind" und dass daher "die Welt ohne Bergbau einfach nicht überleben kann". Deshalb ist die Fortbildung von Ingenieuren heute eine der wichtigsten Aufgaben der Vereinten Nationen. Ohne diese Aufgabe zu lösen ist es unmöglich, die Ziele nachhaltiger Entwicklung zu erreichen.

"Wir stehen vor weiterer Entwicklung der Gesellschaft. Unsere Anforderungen wachsen, wir brauchen mehr Energie, Metalle, fossile Brennstoffe. Um die Menschheit mit all dem zu versorgen und gleichzeitig die Interessen künftiger Generationen zu berücksichtigen, ist es notwendig, ein hohes Maß an Professionalität im Bergbau aufrechtzuerhalten. Das UNESCO Kompetenzzentrum für bergbautechnische Ausbildung, das auf der Grundlage von der Staatlichen Bergbau-Universität Sankt Petersburg gegründet wurde, ist unser wichtigster Partner in diesem Bereich. Wir fühlen uns dadurch geehrt, mit diesem Zentrum zusammenzuarbeiten. Insgesamt nehmen 96 Länder an unserer Arbeit teil", so Nair-Bedouelle.

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Anastasia Bondarenko, Stellvertretende Energieministerin der Russischen Föderation, wies auch auf die koordinierende Rolle des UNESCO-Zentrums bei der Schaffung eines internationalen einheitlichen Kompetenzsystems für Spezialisten des Mineralressourcenkomplexes hin. Sie betonte, dass renommierte Berufsgemeinschaften aus verschiedenen Ländern an dieser Arbeit beteiligt sind. Eine von diesen Gemeinschaften ist Institute of Materials, Minerals and Mining (IOM3), das "auf der Basis eingehender Analysen, Konsultationen mit den Unternehmen und der Öffentlichkeit Schwellenanforderungen an Ingenieure auf der ganzen Welt und ihre Bewertungskriterien entwickelt hat".

"Unsere Kraftstoff- und Energieunternehmen sind zweifellos an einem Dialog zu diesem Thema interessiert. Sie tun viel, um das Kompetenzniveau ihrer Mitarbeiter zu erhöhen. Ein hervorragendes Beispiel dafür ist die Eröffnung des vom Unternehmen SIBUR gegründeten Zentrums für Entwicklung von Ingenieurkompetenzen und technischen Fachkenntnissen in Tobolsk, das den Status einer regionalen Vertretung des internationalen UNESCO Kompetenzzentrums für bergbautechnische Ausbildung erhielt. Nicht nur die Mitarbeiter des Unternehmens, sondern auch Spezialisten aus anderen petrochemischen Branchen und wissenschaftlichen Organisationen sowie Studenten spezialisierter Universitäten können darin studieren und ihre Qualifikationen verbessern. Dies ist ein großer Schritt zur Schaffung eines Systems zur Steigerung des Personalpotenzials in der Branche", betonte Anastasia Bondarenko.

Laut Dominique Fache, Vorstandsmitglied von KEGOC (das Unternehmen verwaltet die Stromnetze in Kasachstan) und Ex-Regionaldirektor von Schlumberger in Russland, sollte "die Zukunft der Bildung mit der Zukunft des sich immer schneller verändernden Energiesektors verbunden sein".

Доминик Фаш
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"Exxon Mobil wurde kürzlich aus dem Dow Jones Bluechip Index gestrichen. Und Präsident von Total kündigte an, dass in 20 Jahren Stromerzeugung (aus erneuerbaren Energiequellen – Kommentar von der Redaktion) 40% der Geschäftstätigkeit von Total ausmachen wird. Das heißt, es sind nachhaltige Energien und nicht Kohlenwasserstoffe, die die Grundlage des Geschäfts schaffen werden. Natürlich soll das einheitliche Kompetenzsystem für die Bewertung der Spezialisten im Kraftstoff- und Energiekomplex, dessen Schaffung wir heute besprechen, all diese Veränderungen sowie die Risiken der mit dem Klimawandel verbundenen Entkarbonisierungsprozesse, mit denen der Energiesektor konfrontiert wird, berücksichtigen. Wir müssen verstehen, welchen Herausforderungen die Branche in absehbarer Zeit gegenüberstehen wird, um Ingenieure vorzubereiten, die in der Lage sind, diese Probleme zu lösen. Dazu gehört natürlich die Schaffung zugänglicher Technologien zur industriellen Akkumulation von der mithilfe Windgeneratoren und Solarzellen erzeugten Energie. Sonst wäre weitere Umsetzung dieser Technologien sinnlos", sagte Dominique Fache.

Alexander Leibovich, Generaldirektor des eigenständigen gemeinnützigen Vereins "Nationale Agentur für die Qualifikationenentwicklung", zweifelt nicht daran, dass heutige Ingenieure neue Kompetenzen benötigen. Immerhin belaufen sich "die Verluste, die durch falsche Positionierung von Absolventen einheimischer Universitäten auf dem Arbeitsmarkt verursacht werden" sowie die Kosten ihrer beruflichen Anpassung und Umschulung auf eine Billion Rubel pro Jahr. Natürlich stellen diese Kosten eine schwierige finanzielle Belastung für die Unternehmen dar.

"In der Vergangenheit hat der Lebenszyklus einer Qualifikation häufig den Lebenszyklus von Technologien überschritten. Jetzt ist alles umgekehrt. Daher ist es sehr schwierig, einen Spezialisten an moderne Realitäten anzupassen. Dieser Prozess kann durch die Verwirklichung der Idee einheitlicher beruflicher Standards natürlich effektiver werden", so Alexander Leibovich.

Самсонов
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Roman Samsonow, Exekutivdirektor der Russischen Gasgesellschaft, erinnerte daran, dass der Innengasmarkt nach den USA und der EU weltdrittgrößter ist. Natürlich erfordert es von den Unternehmen, die daran arbeiten, die Verfügbarkeit einer großen Anzahl qualifizierter Spezialisten, deren lebenslange Ausbildung und Kompetenzentwicklung nur aufgrund der gemeinsamen Bemühungen von Hochschulen, Berufsgemeinschaften und Arbeitgebern durchgeführt werden kann.

Siroj Loikov, Stellvertretender Vorstandschef von PhosAgro, beantwortete eine Frage aus dem Irak über die Auswirkungen der Technologien auf die Humanressourcen und stellte fest, dass sie von Jahr zu Jahr zunehmen. Daher lernen frisch gebackene Spezialisten nach ihrem Hochschulabschluss, erstmal mit den Simulatoren umzugehen, und nur danach dürfen sie komplexe Anlagen einschließlich unterirdischer Spezialgeräte benutzen.

Сиродж Лоиков
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"Unsere Partner liefern uns nicht nur Bergbaumaschinen, sondern auch Simulatoren, die den Produktionsprozess simulieren. Absolventen benutzen diese Simulatoren und bekommen eine Vorstellung von den tatsächlichen Bedingungen, unter denen sie arbeiten werden. Die Staatliche Bergbau-Universität Sankt Petersburg, deren Absolventen 30% der Führungskräfte unseres Flaggschiff-Unternehmens Apatit ausmachen, liegt viel Wert auf den Einsatz digitaler Technologien und virtueller Komplexe im Bildungsprozess. Deshalb haben Studenten der Staatlichen Bergbau-Universität Sankt Petersburg viele Erfahrungen während solchen Trainings gesammelt", so Siroj Loikov.

Abschließend diskutierten die Teilnehmer des Forums über die Feinheiten des Personalzertifizierungssystems und der Bildungsprogramme, mit denen sich Experten des Internationalen UNESCO Kompetenzzentrum für bergbautechnische Ausbildung beschäftigen werden. Die Parteien tauschten die wichtigsten Praktiken aus, die auf nationaler Ebene umgesetzt wurden, und kamen zu einer gemeinsamen Schlussfolgerung über die Notwendigkeit der Schaffung eines einheitlichen internationalen Akkreditierungssystems.

Австрия
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Es sei darauf hingewiesen, dass mehr als 500 Personen an den Podiumsdiskussionen teilgenommen haben, die im Rahmen des Internationalen Online-Forums "Fortgeschrittene Ingenieurkompetenzen − die Zukunft der Bergbauindustrie" stattfanden. Unter den Teilnehmern waren beispielsweise Generaldirektor des World Petroleum Council Pierce Riemer, Rektor der Montanuniversität Leoben Wilfried Eichlseder (Österreich), Rektor der Chinesischen Universität für Bergbau und Technologie Song Ksyufeng, Rektor der AGH Wissenschaftlich-Technische Universität Jerzy Lis (Polen), Berater der Abteilung für internationalen Handel der britischen Regierung Darrin Quale, Präsident der Kohlevorbereitungsgesellschaft Indiens Raj Kumar Sachdev und viele andere Experten. Die Forpost Zeitung wird weiterhin Materialien über ihre Standpunkte zur Schaffung eines auf einheitlichen Schwellenanforderungen an Bergbauingenieure basierten internationalen Kompetenzsystems für die Bewertung von Spezialisten des Mineralressourcenkomplexes veröffentlichen.