Direkt zum Inhalt

Ränke der Diamantsucher oder wer die „Welt“ entdeckt hat

Im Sommer 1955 sandten drei Geologen der Amakinsky-Expedition ihrer Leitung ein geheimes Radiogramm: "Wir haben wie ein Schlot geraucht. Der Tabak ist erstklassig. Awdejenko, Jelagina, Chabardin". Laut der offiziellen Informationen gelten sie als Entdecker eines der größten primären Diamantvorkommen in Russland... Man streitet allerdings immer noch darüber, wer der Entdecker des Vorkommens ist.

Mitte des 20. Jahrhunderts herrschte in Russland ein akuter Mangel an Industriediamanten. Der Kurs, "die kapitalistischen Länder bei der Pro-Kopf-Produktion von Industriediamanten einzuholen und zu überholen", erforderte einen technischen Durchbruch, der ohne die Entdeckung eines superfesten Minerals nicht möglich war. Solche Diamanten brauchten Unternehmen in verschiedenen Branchen: Maschinenbau-, Luftfahrt-, Automobil-, Werkzeugmaschinenbau-, Radio- und Elektroindustrie.

алмаз
© Общественное достояние / Алмаз в кимберлите

Andere Länder wollten Industriediamanten ​​an die Sowjetunion nicht verkaufen. Statt mangelnden Diamanten benutzte man Hartmetalle, um daraus Werkzeuge herzustellen. Dadurch wurde der Preis der Werkzeuge erheblich erhöht, was als starker Antrieb dazu diente, eigene Lagerstätten von Industriediamanten in Russland zu entdecken. Das war damals eine Aufgabe von größter Bedeutung.

"Denkfabrik" beim Diamantsuchen

Zuerst wurde die Prospektion im Mittleren Ural durchgeführt. Die Suche nach Diamanten wurde von Absolventen und Dozenten der Staatlichen Bergbau-Universität Sankt Petersburg Alexander Burow geleitet, der Chefgeologe der 3. Abteilung des Geologieministeriums der UdSSR war. Er wurde für alle Arbeiten hinsichtlich der Diamantsuche landesweit zuständig. Bald wurden die ersten Industriekristallreserven entdeckt, die den Staat jedoch nicht ausreichend mit Rohstoffen versorgen konnten.

Durch die von Alexander Burow vorgeschlagene und geleitete Vergleichung der geologischen Struktur der diamantenreichen Regionen Südafrikas mit ähnlichen Gebieten wurden vielversprechende sibirische Regionen entdeckt. Burow bestand auf der Einstellung der Prospektionsarbeiten im Ural und schlug vor, mehr auf der sibirischen Plattform zu prospektieren. Viele Jahre lang galten die Becken der Unteren Tunguska und des Wiljui Flusses als perspektivlos, und nur einem scharfsinnigen Wissenschaftler aus St. Petersburg gelang es, das Gegenteil zu beweisen. Er schickte dorthin Expeditionen, die ein Diamantvorkommen in Jakutsk entdeckten. Infolgedessen wurden Kristalle in die Industrie landesweit eingeführt.

буров
© Общественное достояние

Die Entdeckung von Diamanten in der Republik Sacha wurde eine Sensation, die mit Hollywood-Blockbustern verglichen werden könnte. Erinnern wir zum Beispiel an das Schicksal von Geologin Larissa Popugajewa, die 1953 den ersten Kimberlit-Schlot in der UdSSR entdeckte, aber später stigmatisiert wurde.

Die Entdeckung vom Schlot "Mir" (das bedeutet "Welt" im Russischen) ist ebenso spannend.

Was hat das mit einem "Schlot" zu tun?

Warum werden primäre Diamantvorkommen so genannt? Durch Explosionen bei Vulkanausbrüchen entstanden riesige schlotförmige Kanäle mit einer Tiefe von mehreren hundert Metern und mit einem 0,4-1 Kilometer langen Querdurchmesser. Diese Kanäle enthielten gefrorenen Kimberlit, der aus Pyrop, Karbonaten und anderen Mineralien bestand. Aber das Wichtigste war, dass Kimberlit auch Diamanten enthielt. Experten zufolge sind etwa 90% aller Diamanten im Kimberlit enthalten. Diamanten werden in Südafrika, Indien und Russland gewonnen. Beispielsweise werden heute in Jakutien etwa 10 Vorkommen erschlossen.

Nach der legendären Entdeckung von Popugajewa zogen mehrere Explorationsgruppen in den Nordosten Sibiriens. Den ganzen Sommer 1954 suchten sie nach anderen Schloten, aber ohne Erfolg. Russische Wissenschaftler wussten bereits, dass lila Pyrop ein indirektes Anzeichen von Diamanten war. Aber auch das war keine Garantie: manchmal entdeckten sie Pyrop, aber ohne Kimberlit. Wegen des nahenden Winters wurde die Prospektion auf die nächste Saison verschoben.

Machenschaften der Konkurrenten

Im Frühjahr 1955 flogen die Geologen der Amakinsky-Expedition Jekaterina Jelagina, Juri Chabardin und Wladimir Awdejenko nach Jakutien. Die Hauptaufgabe bestand darin, Kimberlit-Schlote anhand des Pyropes zu finden. Der Bürgermeister und die Gemeinde des Dorfes Novy, wo die Expedition stationiert sein sollte, zeigten den Prospektoren die kalte Schulter: sie weigerten sich, ihnen Essen zu geben, stellten "uralte" Geräte zur Verfügung, untersagten den Einsatz von Radios und isolierten die Gruppe von den anderen Kollegen. Die Konkurrenten wollten selbst Entdecker sein und standen den neu angekommenen Geologen im Wege.

Inhalt fehlt.

Um den Ireljach Fluss (Nebenfluss vom Wiluj) zu erreichen, lösten die Geologen selbst das Transportproblem, in dem sie Rentierschlitten fuhren.

Nach der Ankunft am Prospektionsort untersuchte das Team der Geologen die Flussufer und spülte die Schliche. Am nächsten Tag entdeckte Wladimir Awdejenko einen Diamanten unter den Pyropen und Ilmeniten. Darin bestand kein Zweifel, dass es ein Diamant war, obwohl Awdejenko auf keine Kristalle davor gestoßen war. Den Mineralogen zufolge haben diese Kristalle einen besonderen öligen Glanz und deshalb sind sie immer identifizierbar, denn man stellt die Echtheit eines Edelsteines nie infrage.

Fuchshöhle

Am nächsten Tag verlegten die Forscher sein Lager an den Ort, wo Awdejenko den Diamanten gefunden hatte.

"Sie entdeckten mehrere Diamanten, und mit jeder Entdeckung riefen sie entzückt aus, dann steckten sie die Diamanten in die Papiertüten, trugen die Entdeckungen in das Feldtagebuch ein und steckten sie danach tief in die Feldtasche. Als die Prospektoren unter einem flachen Sockel zwei große Kristalle entdeckten, stießen die drei Geologen solch ein lautes Brüllen aus, als würden sie im Stadion nach einem getriebenen Puck jubeln!", erinnerte daran Jekaterina Jelagina.

геологи
© Елагина, Хабардин, Авдеенко

Ganze neun Stunden lang suchten sie nach Diamanten in der abgelegenen Taiga in Jakutien. Sie lagen auf dem Bauch und suchten im Schotter. Entdeckte man einen Diamanten, begrüßten alle die Entdeckung mit einem Schrei. Obwohl diese Entdeckungen erhöhten die Motivation der Geologen, beschäftigten sich die Wissenschaftler mit der Frage: warum gab es weder Pyrope noch Kimberlit? Dies bedeutete, dass sie sich vom Ort des angeblichen Kimberlit-Schlotes allmählich entfernten.

Und plötzlich sahen die Mitglieder der Expedition auf dem Hang der Schlucht eine große Lärche mit durch einen Erdrutsch freigelegten Wurzeln. Da bemerkten die Forscher eine tiefe Höhle, die ein Fuchs unter dem Baum gegraben hatte. Überall gab es blaues Gestein, und mittendrin brannte roten Pyrop in der Abendsonne. Am dritten Tag ihres Aufenthaltes in der Taiga entdeckte die Gruppe von Prospektoren fast zufällig das legendäre "blaue Land", wie Geologen Kimberlit nannten. Und dazu - eines der größten primären Diamantvorkommen in der UdSSR.

Es folgte dasselbe verschlüsselte Telegramm, das nichts mit Tabak zu tun hatte. Die Prospektion in Jakutien wurde nach der Entdeckung intensiviert und trag zur Schaffung des russischen Diamantbergbaus.

Unbekannter Entdecker

Leiter des geologischen Teams Juri Сhabardin war der Einzige, der für den Staatspreis nominiert wurde.

Er wurde mit dem Lenin-Preis ausgezeichnet. Viel später erhielt Jelena Jelagina das Ehrendiplom "Entdecker des Vorkommens" und den Ehrenorden für ihre Leistungen für den Staat bzw. für ihr großen Beitrag zur Entwicklung der Bodenschätze. Wladimir Awdejenko, der den ersten Diamanten gefunden hatte, wurde aber vernachlässigt.

мир
© alrosa.ru/ Начало разработки трубки » «Мир» , 1957

Unerwartet für alle erhielt die Geschichte im Jahre 2016 eine skandalöse Fortsetzung. Eine Videonachricht wurde an die jährliche Sendung "Direkte Linie mit Wladimir Putin" geschickt. In dieser Nachricht bat aus der Republik Sacha stammender Alexej Gerasimow den Präsidenten darum, seinen Vater als Entdecker der Diamanten in Jakutien anzuerkennen.

Es stellt sich heraus, dass neben den drei Geologen ein Rentier-Hirt und zwei Arbeiter im Team arbeiteten. Nur Jelagina erwähnt beiläufig deren Beitrag zur Expedition in ihrem Erinnerungsbuch. Mittlerweile betrachten inoffizielle Quellen und die Medien in Jakutien Grigory Gerasimow als Entdecker der Diamanten. Sie sagen, Grigory habe das Vorkommen entdeckt, als er in den Ireljach Fluss tauchte, um den anderen zu zeigen, dass die Einheimischen keine Angst vor der Kälte haben.

"Ich bin mit einer Handvoll Kiesel- und Kiessteinen und zwei sehr transparenten Kristallen aufgetaucht. Als Chabardin unseren begeisterten Schrei hörte, verließ er das Zelt und stellte bei Betrachtung der Kristalle sofort fest, dass es sich um Diamanten handelte", teilte der Arbeiter der Zeitung "Jakutia" mit.

Inhalt fehlt.

Wer die Diamanten tatsächlich entdeckte, ist vielleicht nicht so wichtig. Letztendlich ist das Ergebnis viel wichtiger. Der Tagebau im Vorkommen "Mir" wurde 44 Jahre lang erschlossen (von 1957 bis 2001). Überdies wurde die gleichnamige unterirdische Mine von 2009 bis August 2017 gefördert. Ein paar hundert Meter entfernt vom Kimberlit-Schlot "Mir" wurde die Stadt Mirny gegründet, die zur Diamanthauptstadt Russlands wurde. Hier befinden sich heute die Hauptsitze von zwei Großunternehmen - "Alrosa", Weltmarktführer in Bezug auf den Anteil der gewonnen Diamanten, und "Jakutniproalmas", das wichtigste Diamantinstitut in Russland, das sich mit Forschung und Design auf dem Gebiet Industriekristallabbau befasst.