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Worüber Nowak und Altmaier im Deutsch-Russischen Rohstoff-Forum diskutieren werden

Альтмайер
© Форпост Северо-Запад / Мария Сулимова

Die Deutsche Woche hat in St. Petersburg begonnen. Im Rahmen dieses Projekts finden jährlich Hunderte von Veranstaltungen und interaktiven Projekten statt – Filmvorführungen, Konzerte, Ausstellungen, Seminare und Geschäftsforen. Die "Forpost Sewero-Sapad" Zeitung will herausfinden, ob die Deutschen wirklich an der Entwicklung wirtschaftlicher, kultureller und wissenschaftlicher Beziehungen zu Russland und insbesondere zur Stadt an der Newa interessiert sind. Oder ist es eher einen Beitrag zur aussterbenden Tradition?

Der Handelsumsatz zwischen Russland und Deutschland ist im vergangenen Jahr um 21% auf 41,9 Mrd. USD zurückgegangen. Darüber hinaus ist die Handelsbilanz negativ, d.h. zum ersten Mal seit langer Zeit sind unsere Waren in Deutschland weniger gefragt als die deutschen Waren in Russland. Welche Schlussfolgerung könnte aus diesen Zahlen gezogen werden? Das erste, das mir in den Sinn kommt, ist, dass Berlin die Zusammenarbeit mit Moskau schrittweise einschränke, was viele unsere Neider wünschen. In der Realität stimmt es natürlich nicht. Und dafür gibt es Gründe.

Берлин
© Форпост Северо-Запад / Бранденбургские ворота

Deutschland steht nach wie vor an zweiter Stelle in der Liste der wichtigsten Wirtschaftspartner Russlands. Der Handelsumsatz mit China, das diese Liste klar anführt, hat sich tatsächlich etwas weniger verringert – nur um 6,2% auf 103,9 Mrd. Dass lässt sich recht einfach erklären: China hat die Folgen der Pandemie früher als andere Länder überwunden und im Frühjahr vergangenen Jahres begonnen, in beispiellosen Mengen Öl zu importieren. Die traditionell starken Geschäftsbeziehungen zu den Niederlanden (3. Platz) haben sich jedoch viel mehr abgekühlt – um 41% auf 28,5 Milliarden. Wegen des Coronavirus sind das BIP aller europäischen Staaten, darunter Deutschland, offensichtlich eingebrochen, was deren Außenbeziehungen maßgebend beeinträchtigt hat.

Und wie steht es mit Großbritannien (4. Platz)? Der Umsatz zwischen unseren Ländern ist nicht zurückgegangen, sondern sogar um 53% auf 26,5 Mrd. gestiegen. Das Geheimnis dieser Metamorphose lässt sich einfach erklären: im Jahre 2020 kaufte London in Rekordtempo Edelmetalle, die bei Investoren in Krisenzeiten traditionell besonders beliebt sind. Letztes Jahr verkaufte Russland 113,5 Tonnen Gold für einen astronomischen Preis von 5,3 Milliarden US-Dollar an das Vereinigte Königreich. Übrigens sei erwähnt, dass die Politiker und Banker vom nebligen Albion nicht verloren haben – der Durchschnittspreis einer Unze erreichte 1.450 USD, und jetzt, obwohl der Goldpreis weit von seinen Maximalwerten entfernt ist, kostet Gold immer noch fast ein Viertel mehr.

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Kurz gesagt, trotz des Abwärtstrends sehen die Deutschen Russland immer noch als verlässlichen Partner, und sie betrachten Energie nach wie vor als Grundlage unserer Interaktion. Dies bestätigen die in Deutschland durchgeführten Umfragen. So waren nur 13% der Befragten gegen die Fertigstellung der Nord Stream 2-Pipeline, während 73% der deutschen Bürger finden dieses Projekt für das Land sehr wichtig. Darüber hinaus glauben 90% der Befragten, dass Washingtons antirussische Eskapaden auf dessen Wunsch beruhen, mehr Flüssigerdgas an die EU zu verkaufen. Dies sind die Daten des soziologischen Instituts Forsa.

Angela Merkel äußerte eine ähnliche Meinung. Auf der Online-Sitzung der Parlamentarischen Versammlung des Europarates am 20. April sagte sie: "Deutschland hat beschlossen, Nord Stream 2 zu bauen und die Geschäftsbeziehungen mit Russland weiterzuentwickeln." Die Bundeskanzlerin erinnerte daran, dass das europäische Land, an dessen Ufer sich die Offshore-Gaspipeline befindet, laut der aktualisierten Gasrichtlinie, die im Mai 2019 in Kraft trat, das Recht hat, zu entscheiden, ob die Bestimmungen des Dritten Energiepakets für sie gelten.

Zu sagen, dass diese Worte sich wie ein Blitz aus heiterem Himmel anhörte, wäre eine deutliche Übertreibung. Sowohl Merkel selbst als auch andere deutsche Politiker haben wiederholt das transbaltische Projekt unterstützt, was keine Überraschung ist. Berlin hat vor, auf Atom- und Kohleenergie bis 2022 bzw. 2038 zu verzichten. Dies bedeutet, dass Erdgas die Rolle eines Sicherheitsgaranten spielt, der bei Spitzenlasten eingesetzt werden kann.

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Es lässt sich dadurch erklären, dass man das Stromerzeugungsvolumen durch Stromverbrennung in einem Wärmekraftwerk regulieren kann, d.h. entweder mehr oder weniger Kilowattstunden je nach Bedarf von Haushalten und Industrieunternehmen zu gewinnen. Dies funktioniert bei Windgeneratoren aber nicht – das Drehen von Windrädern hängt von den Wetterbedingungen ab. Infolgedessen werden zahlreiche Stromausfälle durch den Anstieg des Stromverbrauchs im Falle eines vollständigen Verzichts auf traditionelle Energieressourcen verursacht.

Die CO2-Neutralität auf einmal zu erreichen, ist natürlich unmöglich. In der ersten Phase dieses Projektes soll man erstmal die schmutzigsten Rohstoffe des Brennstoff- und Energiesektors Heizöl und Kohle aufgeben, in dem man sie durch weniger umweltgefährdendes Methan ersetzt. Zusammen mit erneuerbaren Quellen soll Methan die Grundlagen für die Energiestruktur der BRD für die kommenden Jahrzehnte schaffen. Dies ist der Standpunkt, den die Delegierten des im Jahre 2006 gegründeten Deutsch-Russischen Rohstoff-Forums wiederholt zum Ausdruck gebracht haben. Vor Kurzem ist das Forum eine der wenigen gebliebenen Möglichkeiten für Politiker, Geschäftsleute und Wissenschaftler aus beiden Ländern, trotz der Abkühlung der zwischenstaatlichen Beziehungen die Zusammenarbeit im Energiesektor zu besprechen und Geschäftskontakte zu knüpfen.

Российско-Германский форум
© Форпост Северо-Запад

Die schon 13. Konferenz findet am 29. und 30. April online statt. Die Teilnehmer von russischer Seite sind stellvertretender Ministerpräsident Alexander Nowak, Minister für Industrie und Handel der Regierung der Russischen Föderation Denis Manturow, Rektor der Staatlichen Bergbau-Universität Sankt Petersburg und einer der Initiatoren des Forums Wladimir Litwinenko, Gouverneur des Autonomen Kreis der Chanten und Mansen - Jugra Natalja Komarowa, stellvertretender Energieminister Pawel Sorokin, stellvertretender Vorstandsvorsitzender von Gazprom Oleg Aksjutin. Deutschland wird von Bundesminister für Wirtschaft und Energie Peter Altmaier, Bundesminister für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung Gerd Müller, Ministerpräsidenten des Freistaates Sachsen Michael Kretschmer, Vorstandsvorsitzendem des Energieunternehmens VNG Ulf Heitmüller und von vielen anderen bedeutenden Personen.

An der Tagesordnung des Forums stehen Themen wie Auswirkungen des europäischen "Green Deal" auf die Zusammenarbeit mit Russland, Entwicklung von Ressourcenregionen und Permafrostauftauen. Darüber hinaus werden die Parteien das Wasserstoff-Potenzial und die Zusammenarbeit auf diesem Gebiet erörtern – das Thema, das so beliebt im Westen ist.

Trotz der Tatsache, dass die meisten russischer Teilnehmer die Einführung von Wasserstoff als globale Energieressource mit einiger Skepsis betrachten, haben wir den Deutschen etwas zu demonstrieren. An der Staatlichen Bergbau-Universität Sankt Petersburg wird derzeit beispielsweise der Transport des leichtesten Gases in der Natur erforscht.

По мнению ряда экспертов, водород вкупе с возобновляемыми источниками энергии должен позволить Европе свести к нулю углеродный след и, как следствие, минимизировать загрязнение окружающей среды. Так ли это на самом деле?

Der Mangel an wissenschaftlichen Durchbrüchen in diesem Bereich ist einer der Hauptgründe, warum Wasserstoffenergie noch nicht Realität geworden ist. Schließlich ist es unmöglich, H2 anstelle von Methan in eine vorhandene Rohrleitung zu laden − ein Wasserstoff-Molekül ist so klein, dass es in das Kristallgitter von Stahl eindringen und es relativ schnell zerstören kann, insbesondere in den Schweißnähten. Aber wie können wir dann Wasserstoff nach Europa exportieren?

Wissenschaftlicher Artikel "Hindernisse für die Umsetzung von Wasserstoffinitiativen im Zusammenhang mit nachhaltiger Entwicklung der globalen Energie"

Laut Wissenschaftlern der ältesten technischen Universität Russlands soll Wasserstoff in einem gebundenen Zustand transportiert werden.

Zusätzlich zu den Transport- und Speicherproblemen formulierten die Wissenschaftler an der Staatlichen Bergbau-Universität Sankt Petersburg das heutige Hauptproblem der Wasserstoff-Verwendung - Wasserstoffverbrennung in der Luft. Es wurden auch die maximalen technologischen Möglichkeiten bestimmt, Wasserstoff mit Rohrerdgas in bestehenden Stromerzeugungssystemen zu mischen.

Umwandlung vom ersten Element des Periodensystems in eine globale Energieressource ist jedoch eine sehr weit entfernte Perspektive, aber Nord Stream 2 kann im Gegenteil auf absehbare Zeit fertiggestellt werden. Deutschland kann davon schon in diesem Jahr profitieren. Und wenn sich herausstellt, dass der nächste Winter in Europa so kalt wie der letzte ist, wird die Fertigstellung von Nord Stream 2 für Deutschland, Österreich und viele andere Länder einschließlich der Tschechischen Republik, wo ein Teil der zusätzlichen Gasmengen aus Russland geliefert werden sollte, sehr vorteilhaft sein. Und es geht nicht nur um die die Senkung von Strom- und Heizungskosten. Dies wird auch den nationalen Regierungen ermöglichen, das Volumen der Kohleverbrennung in Wärmekraftwerken zu verringern, d.h. einen weiteren zuversichtlichen Schritt in Richtung CO2-Neutralität zu unternehmen.